Das Stück und sein Erfinder

Splitscreen: Peter Iljitsch Tschaikowsky: ›Dornröschen‹, Op. 66, 1. Akt: Nr. 6 Walzer

Prinzessinnen leben ganz schön gefährlich – zumindest ist das in einigen Märchen so. Ein berühmtes Beispiel ist das des ›Dornröschen‹: Kaum geboren, wird die kleine Prinzessin von einer bösen Fee verflucht. An ihrem 16. Geburtstag soll sich Dornröschen an einer spitzen Spindel stechen und sterben! Zum Glück kann eine gute Fee den Todesfluch in einen 100-jährigen Schlaf verwandeln, aus dem Dornröschen bekanntermaßen von einem Prinzen wachgeküsst wird.

Bereits seit Hunderten von Jahren sind Menschen von Märchen wie diesen fasziniert und die Geschichte von Dornröschen ist heute nicht nur in Büchern nachzulesen – seit über 130 Jahren wird sie als Ballett auf den großen Bühnen dieser Welt aufgeführt. Die Musik zum berühmten ›Dornröschen‹-Ballett hat der Komponist Pjotr Iljitsch Tschaikowsky geschrieben. Er wurde 1840 im Russischen Kaiserreich geboren und von ihm stammen auch die Melodien zum wahrscheinlich bekanntesten Ballettstück aller Zeiten: ›Schwanensee‹. Tschaikowsky selbst hielt aber sein ›Dornröschen‹ für noch gelungener. Im Jahr 1889 schrieb er in einem Brief: „Mir scheint, dass die Musik dieses Balletts eine meiner besten Schöpfungen sein wird.“

Zu diesem Zeitpunkt war Tschaikowsky zwar bereits ein anerkannter Komponist, doch sein Lebensweg war kein leichter. Seine Eltern wollten, dass ihr Sohn Beamter wird. Doch ›Peter‹ – das ist der deutsche Name für Pjotr – setzte sich letztlich durch, lebte dafür aber zeitweise in bitterer Armut und musste viel Kritik einstecken. Das war nicht einfach für den sehr empfindsamen Musiker. Immer wieder verfiel er in Trübsinn und depressive Stimmungen. Seiner romantischen ›Dornröschen‹-Musik ist dies jedoch kaum anzuhören: Sie strotzt vor Leichtigkeit und großartigem musikalischem Ideenreichtum.

Die Urauführung des Balletts fand am 15. Januar 1890 im Kaiserlichen Mariinskij-Theater zu St. Petersburg statt – und zwar in ziemlich großer Besetzung: Über 150 Tänzer:innen waren an der fast dreistündigen Aufführung beteiligt! Der damalige Kaiser Russlands, Zar Alexander III., hatte zuvor höchstpersönlich angeordnet, keine Kosten und Mühen zu scheuen, denn das ›Dornröschen‹-Ballett sollte ein Neujahrsgeschenk an dessen Familie werden. Wie dem Zaren der schwungvolle Walzer Nr. 6 gefallen hat, der im 1. Akt anlässlich von Dornröschens 16. Geburtstag erklingt, ist nicht genau bekannt. Doch bis heute wird der beliebte Klassiker auf der ganzen Welt gespielt.

Seinen beruflichen Erfolg konnte Tschaikowsky, der heute als einer der bedeutendsten Komponisten Russlands gilt, nur noch wenige Jahre genießen: Er starb am 6. November 1893 mit nur 53 Jahren, vermutlich an der Cholera. Seine märchenhafte Musik bleibt unvergessen.

Tuttiaufnahme: Tschaikowsky Dornröschen